So wird 2023 … – Ein Gastbeitrag vom Kieler Aktionär

So wird 2023 … vielleicht. Diesen Satz bitte unbedingt merken. „So wird 2023 vielleicht.“ In den nächsten Wochen wird die gesamte Finanzporno-Industrie wieder ihre Vorhersagen „verkaufen“. Manchmal unterhaltsam, aber kaum von Wert. Wie immer.

Rückblick

Wer hätte Anfang des Jahres gedacht, dass Indizes wie der Nasdaq oder MDAX um ein Drittel fallen? Oder 20jährige US-Treasuries ebenfalls bei steigenden Zinsen und fallenden Aktienmärkten rund ein Drittel verlieren? Wer hatte den Gewinner aller Märkte auf dem Schirm? Der türkische Borsa Istanbul Index (XU100) stieg in 2022 um sagenhafte +225 %.

Trotzdem waren einige Tendenzen vor 12 Monaten erkennbar. Wer auf die Beobachtung der Makro-Situation – statt nur einzelner Indizes oder Aktien – setzte, konnte die Inflations-Entwicklung und die daraus resultierenden Zinserhöhungen bereits absehen. Und ebenfalls daraus ableiten, daß zinssensible Unternehmen oder nennen wir es den Growth-Sektor, nicht zu den Gewinnern gehören werden. Im Dezember 21 hatte ich bereits darauf hingewiesen:

Aber selbst mit dieser frühen Einschätzung war die eigene Umsetzung im Depot nicht einfach. Den russischen Angriffskrieg hatte wohl niemand so kommen sehen. Auch bei mir persönlich führte das während des gesamten Jahres zu unsicheren Einschätzungen und letztendlich zu einem Jahresabschluß von – 5 % im Long-Depot. Nur durch Trading konnte ich letztendlich doch noch eine positive Rendite von + 10 % über alle Börsen-Engagements erzielen. Aber ehrlich? Selbst mit +10 % vor Steuern konnte ich damit die Inflation nicht schlagen. Den Meisten erging es vermutlich noch schlechter. 2022 bleibt damit als ein Jahr mit einer gewaltigen Vermögens-Vernichtung weltweit in Erinnerung. Minus 10 % oder mehr dürfte das „Normal“ des abgelaufenen Jahres in den meisten Depots sein …

2023 – Alles ist möglich!

Für eine Prognose über ein Börsenjahr mache ich mir gerne zuerst klar, was ich nicht einschätzen kann. Den Teil packe ich dann gedanklich zusätzlich ins Risiko-Management. Und da sehe ich den russischen Angriffskrieg und die chinesische Politik in Bezug auf Taiwan und die USA als unkalkulierbar. Ebenso die Entwicklung der Energiekosten.

Anders Covid und die Inflation. Covidbedingte Einflüsse spielen für mich keine Rolle mehr und die Inflation dürfte im Frühjahr ihren Peak erreicht haben. Die daraus resultierenden Zinserhöhungen der Notenbanken sind teilweise eingepreist und werden nur bedingt Unruhe am Markt erzeugen. Allerdings im Vergleich der letzten 10 Jahre heisst das trotzdem, daß Inflation und Zins-Niveau weiterhin hoch sind und vorerst bleiben.

Mein Szenario

BOOM! Bullish! Nur noch nicht sofort. Die ersten 2 Quartale bleiben vermutlich volatil. Unternehmen müssen (noch) mit Preissteigerungen, Lieferketten-Problemen und sinkendem Konsum rechnen. Viele Firmen werden aufgrund der Unsicherheit Investionen verschieben. Mit mehr Klarheit bei der Inflations-Entwicklung werden diese Unsicherheiten im ersten Halbjahr vermutlich kleiner. Für das 2. Halbjahr erwarte ich das Ende des Bärenmarktes. Aber – kommen wir zurück zum ersten Satz … „So wird 2023 vielleicht“.

Und jetzt?

Eine allgemein gültige Empfehlung kann ich nicht abgeben. Risikobereitschaft, Liquidität, Anlagehorizont und Vorlieben sind bei jedem Investor unterschiedlich. Was für den Einen gut ist, mag für den Anderen Mist sein. Daher hier nur meine persönliche Strategie:

Von China lasse ich – trotz potentieller Chancen – die Finger. Der Risiko-Faktor „Xi“ ist mir zu hoch.

Den im Herbst angelegten „Global Fifty Democrats“ (die 50 größten Unternehmen nach Markt-Kapitalisierung aus demokratischen Ländern) lasse ich als Sockel-Invest im Depot laufen. Die größten Unternehmen sind in der Regel markführend und haben alleine aufgrund ihrer Größe Vorteile bei Preis-Setzungs-Macht und Material-Preisen. Bei diesen Unternehmen erwarte ich die schnellste Erholung.

Solange die Volatilität anhält, werde ich weiterhin traden. Keine Empfehlung für „Jedermann“. Der Zeitaufwand ist neben dem Risiko beträchtlich. Wer täglich seine Brötchen verdienen muss, dem fehlt schlicht die Zeit dafür.

Und ansonsten? Mit Cash an der Seitenlinie und auf nochmals dippende Kurse warten. Die Liste guter Unternehmen, die ich gerne kaufen oder aufstocken möchte ist lang. Mit Unternehmen wie Cola, McDonalds, Pepsi, Alphabet, Microsoft, dem gesamten Pharma-Sektor, Basis-Konsum, Versicherungen und längerfristig dem Tech-Sektor wird man auch in Zukunft auf der Gewinnerseite stehen. Aber auch hier gilt: der Profit hängt vom Einstand ab.

Ausserdem setze ich – wie jedes Jahr – die Verlierer des Jahres 2022 auf die Watchlist 2023. Neben einer Amazon sind das übrigens auch deutsche Immobilien-Unternehmen. Knappes Gut, steigende Preise. But who knows? 

Wer, anders als ich in meiner Lebenssituation, mit festen Sparplänen und langem Horizont sturr alle Entwicklungen ausblendet, macht übrigens genauso alles richtig.  

Zum Schluss – wie immer. Meine Einschätzung ist privat. Eine Meinung, aber keine Beratung oder Handlungs-Empfehlung. Aufgeführte Unternehmen dienen als Beispiel, nicht als Kauf-Empfehlung. Es gilt der erste Satz dieses Beitrags …

Allen Lesern ein frohes, neues und glückliches Jahr 2023! Gesundheit, Lebensfreude und ein steigendes Depot wünscht genau in dieser Reihenfolge

Euer

Kieler Aktionär


Haftungsausschluss: Bei AktienTraum handelt es sich um eine rein private Seite zu Unterhaltungszwecken. Dies ist in keiner Form eine Anlageberatung und die behandelten Themen stellen keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Aktien oder anderen Wertpapieren da.

2 Gedanken zu „So wird 2023 … – Ein Gastbeitrag vom Kieler Aktionär

  1. Falk Antworten

    Hallo Thomas,

    das ist doch mal ein erfrischender Beitrag…Gruß auch an den Kieler Aktionär

    Mit dem Ausblick für 2023 gehe ich absolut mit!

    VG Falk

  2. Pingback: Jubiläum verpennt - Zwei Jahre AktienTraum - AktienTraum

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