Strom – Was sollte man wissen?

Unser kleines Balkonkraftwerk und die anhaltenden Diskussionen haben mein Interesse am Thema “Strom” stark befeuert. Daher möchte ich hier mal versuchen, ein paar Daten zusammen zu sammeln. Vielleicht kann es dabei helfen, das Thema ein wenig differenzierter zu betrachten.

Das Ganze ist sicherlich mit meiner eigenen Meinung und meinen Vorstellungen zum Thema Strom “gewürzt”. Sonst wäre es ja auch ein wenig langweilig. Politik soll hier allerdings aussen vor bleiben. Wir wollen uns doch nicht den Tag versauen!

Einen Einstieg ins Thema liefert uns der Nettostromverbrauch in Deutschland. Im Jahr 2021 betrug dieser laut Statista rund 508 Terawattstunden. Setzen wir das mal in Perspektive: In unserem 2-Personen Haushalt haben wir im letzten Jahr 2.800 kWh verbraucht. Die 508 Terawattstunden entsprechen 508.000.000.000 kWh. Unser Balkonkraftwerk liefert geschätzt 120 kWh im Jahr.

Das ist erstmal verschwindet gering. Jetzt gibt es aber ungefähr 40 Millionen Haushalte in Deutschland. Hätte jeder dieser Haushalte ein kleines Balkonkraftwerk – was leider nicht wirklich realistisch ist – wären dies immerhin 120 kWh * 40.000.000 = 4.800.000.000 kWh = 4,8 Terawattstunden.

Das ist natürlich zunächst einmal nicht mehr als ein kleines Gedankenexperiment. Aber was wäre wenn wir sogar deutlich mehr große PV-Anlagen (Dachanlagen) hätten? Ich denke es wäre eine tolle Sache, aber wir laufen trotzdem in ein Problem, welches im nächsten Absatz besprochen wird.

Unser Strommix

Heutzutage sind wir in der Lage Strom aus vielen verschiedenen Quellen zu erzeugen. Das empfinde ich zunächst einmal als sehr positiv, auch wenn man natürlich sehr trefflich über Vor- und Nachteile von z. B. Kohle- oder Atomstrom diskutieren kann.

Grafik von energy-charts.info für die Woche 38 in 2022

Eine wirklich spannende Seite im Internet ist hier energy-charts.info vom Frauenhofer-Institut. Hier sieht man über die Zeit wieviel Strom durch welche Quellen erzeugt wurde. Diese Seite wird übrigens gerne genutzt, um eine bestimmte Position bzgl. der Stromerzeugung zu untermauern. Oft werden dabei aber Extremwerte für einen sehr kurzen Zeitraum heraus gepickt, die wenig aussagefähig sein. Hier also am Besten immer nochmal selber ein eigenes Bild machen.

Die Grafik zeigt meiner Meinung nach in Bezug auf erneuerbare Energien sehr schön im Großen, was ich auch im allerkleinsten mit unserem Balkonkraftwerk beobachten kann:

  • Zu Peakzeiten (mittags, viel Sonne oder gerne auch viel Wind) bringt uns insbesondere die Solarenergie richtig nach vorne.
  • Nachts und bei schlechterem Wetter (wenig Sonne, kaum Wind) bricht die Stromerzeugung – wenig überraschend – ein.

Hier empfinde ich den öffentlichen Diskurs auch leider häufig als wenig professionell. Wenn ich in einem Software-Projekt (nahe-liegendes Beispiel als Software-Entwickler) eine bestehende Software ersetzen möchte, dann kann ich diese auch nicht erstmal abschalten und dann schauen wie lange die Neuentwicklung wohl dauert und welche Fallstricke dort lauern. Und wenn ich es doch tue ist Unzufriedenheit und Streß für alle Beteiligten vorprogrammiert.

So fühlt sich aber leider die Diskussion über erneuerbare Energien an. Das ist für mich der absolut richtige Weg und wir sollten meiner Meinung nach diesen Weg so sehr beschleunigen wie wir nur können. Aber solange wir noch nicht am Ziel sind, brauchen wir halt funktionierende Alternativen. Hier würde ich mir wirklich mehr Sachlichkeit wünschen, denn kein Strom ist in unserer Gesellschaft schlichtweg keine Alternative.

Grundlast und grundlastfähige Kraftwerke

Das führt uns zum nächsten oft gehörten Begriff in der Strom-Diskussion: Die Grundlast. Die Grundlast ist im Prinzip die Menge an Strom die wir permanent benötigen. Eine ausführlichere Erklärung findet sich hier.

Aktuell ist es leider noch nicht problemlos möglich mit erneuerbaren Energien die Grundlast abzudecken (siehe auch Grafik im vorherigen Absatz). Daher setzt man hier eher auf Braunkohlekraftwerke und Laufwasserkraftwerke (und früher auch Atomkraftwerke). Laut der oben verlinkten Webseite werden Gaskraftwerke eher eingesetzt, um kurzfristige Spitzen im Stromverbrauch abzufangen.

Hier würde ich mir wünschen, dass wir mehr Forschung und Geld in die Speicherung von erneuerbaren Energien investieren. Hier ist zum Beispiel ein Artikel über Wärmespeicher von BASF als eine Möglichkeit Energie zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben.

Die Möglichkeit der Regelung wieviel Energie über welchen Zeitraum abgegeben werden kann spielt bei der ganzen Speicherung allerdings eine wichtige Rolle soweit ich das verstanden habe. Daher werden wir auch hier ein Mix von Technologien benötigen.

Merit-Order – Uniform Pricing

Das “beliebte” Thema “Merit-Order” darf hier natürlich auch nicht fehlen. Im vorherigen Kapitel hatten wir ja über grundlastfähige Kraftwerke gesprochen, die wohl oft den Strom relativ günstig produzieren können. Nun müssen wir aber auch Leistungsspitzen abfangen können und müssen dafür – je nach Bedarf – immer weitere Kraftwerke hinzu schalten.

Dabei bestimmt dann das sogenannte Grenzkraftwerk – sprich das Kraftwerk mit den höchsten Kosten – den Strompreis. Denn alle Kraftwerke (bzw. deren Betreiber) erhalten denselben Preis für die Einspeisung ihres Stroms.

Und da sind wir natürlich auch schon bei einem Teil unseres aktuellen Problems. Gas ist knapp und damit auch teuer, aber Gaskraftwerke werden genutzt (müssen aktuell vielleicht noch genutzt werden), um Spitzen im Stromverbrauch abzufangen. Das führt dann zu einem hohen Strompreis, der am Ende bei den Verbrauchern – sprich Endkunden – landet. Sei es der Privathaushalt, der mittelständische Bäcker oder das Industriewerk.

Zu gerne würde ich die Entscheidungsprozesse verstehen, die zu einem solchen System geführt haben oder würde mir da mal die entsprechenden Diskussionen dazu anhören. Wer in diesem System günstig Strom produzieren kann macht natürlich überproportionale Gewinne, aber ich würde spontan denken, dass man auch die wichtige Fähigkeit Spitzen auszugleichen anders honorieren müsste als die ggf. einfacher zu produzierende Grundlast.

Hier muss es einfach Wege geben, das System ein Stück weit zu vereinfachen und damit vielleicht nicht nur fairer, sondern auch wieder günstiger für den Endverbraucher zu machen.

Statistiken – Statistiken – Statistiken

Wenn man ein wenig sucht findet man wirklich eine Menge Informationen zum Thema. So auch hier beim statistischen Bundesamt zum ersten Halbjahr 2022.

Dabei sind 17,2% mehr Kohlestrom sicherlich kein Fortschritt, aber wir leben leider auch aktuell nicht in einer normalen Welt. 12,1% mehr Strom aus erneuerbaren Energien ist eine gute Sache. Hier sehe ich nur den Wermutstropfen, dass dies hauptsächlich auf die gestiegene Zahl an Sonnenstunden und das im Vergleich windarme 1. Halbjahr 2021 zurück zu führen ist.

Hier müssten meiner Meinung nach – neben dem Aufbau von Speichermöglichkeiten – auch insgesamt die Kapazitäten erhöht werden!

Aktuell exportieren wir in Europa mehr Strom, als das wir importieren. Das ist aber wohl hauptsächlich auf die erneuerbaren Energien zurück zu führen und – hier drehen wir uns leider im Kreis – damit sieht es im Winter hat deutlich schlechter aus. Hier brauchen wir funktionierende Alternativen, solange wir keine neuen besseren Technologien haben.

Tatsächlich hoffe ich persönlich darauf, dass Frankreich im Winter weniger Probleme mit seinen Atomkraftwerken hat und wir dann von dort wieder einen Überschuss importieren können. Das kann ja auch durchaus ein gesamt-europäisch funktionierendes Konzept sein. Das sollte dann aber auch entsprechend geplant werden und eine maximal hohe Ausfallsicherheit haben.

Fazit

Beim Thema Strom bin ich noch weniger ein Experte als beim Thema Börse :-). Daher ist dieser Artikel auch mehr als eine Einladung zu einer Konversation und eigenen Gedanken zum Thema zu sehen und nicht so sehr als ein “Wissensartikel”, den man liest und abhakt.

Ich finde wir sollten als Gesellschaft versuchen ein Grundverständnis zu wichtigen Themen zu entwickeln. Insbesondere in der aktuellen Social Media Landschaft ist das denke ich sehr hilfreich, um Informationen besser einordnen zu können. Und es ist einfach ein Thema unserer Zeit, auch wenn wir uns das vielleicht nicht ausgesucht haben.

Hoffentlich bietet der Artikel ein paar Anregungen und genug weiterführende Links, um sich bei Bedarf noch beliebig in das Thema zu vertiefen.


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