Depot unter Wasser – Gefühlslage

Unter anderem bei finanzen.net führe ich meine Depots als Musterdepots getrennt nach Aktien, ETFs und Rohstoffen (also Gold in meinem Fall). Und was soll ich sagen, gestern war es – wissentlich – das erste Mal soweit. Das Aktien-Depot lag in der Gesamtperformance ca. 1% im roten Bereich. Als jemand der erst so knapp vor drei Jahren wirklich in das Thema Börse eingestiegen ist, war das schon eine “interessante” Erfahrung.

Oft habe ich während der Bullenmarkt-Phase hier darüber geschrieben, dass man sich – quasi mental – auch auf solche Einbrüche vorbereiten muss. Es kann einfach nicht immer nur wie an der Schnur gezogen nach oben gehen an der Börse.

Auch bin ich nicht “in Cash” gegangen indem ich große Teile meines Depots rechtzeitig aufgelöst hätte. Wer hier regelmäßig mit liest weiß, dass ich mir das nicht zutraue und dies auch nicht meiner Strategie entspräche, ein passives Einkommen über Dividenden aufzubauen.

Performance des Gesamt-Depots

Beim Blick auf die Performance des Gesamt-Depots (Aktien, ETFs und Gold) sieht es nur dann noch einigermaßen gut aus, wenn ich Dividenden und realisierte Gewinne inkludiere. Wobei ich diese Ansicht für mich allerdings immer nutze. Ohne Dividenden und realisierte Gewinne stehe ich nur noch bei schmalen 2,14% plus.

Dabei würde ich mein Depot insgesamt als eher defensiv bezeichnen. Allerdings bin ich mit meinem Anlagezeitraum auch noch nicht wirklich so super lange dabei. Das hat natürlich alles Einfluss auf die Performance und dabei sprechen wir jetzt noch gar nicht von solchen Anlegern, die bereit sind ihr Depot in so einer Phase mehr oder weniger aufzulösen, oder über Short-Handel auch in einem solchen Marktumfeld (gute) Renditen erzielen können.

Dieser Typ Anleger bin ich nicht und auch habe ich nicht das Wissen dafür bzw. schrecke ich schlicht davor zurück große Teile meines Depots mal eben aufzulösen. Habe hier schon öfter über meine “Sorge” geschrieben in so einem Fall wieder einen passenden Einstieg zu finden. Daher kann und will ich hier auch gar keine Tips geben, sondern hoffe, dass es einen Mehrwert liefert, zu lesen wie verschiedene Anleger mit der aktuellen Situation umgehen.

Die Gefühlslage

Kommen wir also zu der im Titel erwähnten Gefühlslage. Wie üblich nenne ich hier keine absoluten Summen, aber der Blick auf die Depot-Performance für dieses Jahr lässt ein Stück weit erahnen wie es aussieht. Dabei machen sicherlich einige (viele) Anleger gerade ähnliche Erfahrungen.

Depot-Performance YTD

Oben kann man auch gut die Bärenmarkt-Rallye sehen, bevor es dann wieder bergab geht. Auf zu neuen Tiefs? Wir werden sehen! Ich bin ja sehr zurückhaltend mit Prognosen, aber ich kann es mir in diesem Fall gut vorstellen.

Es ist aber nicht nur ein relativer Verlust, sondern auch in absoluten Zahlen steht mein Depot Stand heute um einiges tiefer als am Anfang des Jahres. Und das trotz regelmässiger Einzahlungen über ETF-Sparpläne und Einzelkäufe von Aktien.

Beim Blick auf die entsprechenden Zahlen gibt es dann schon gelegentlich ein kleines Grummeln in der Magengegend, denn auch für mich fällt die Kohle nicht einfach so vom Himmel. Dabei bemerke ich aber einen sehr interessanten Effekt bei mir, den auch jemand bei Twitter sehr treffend formuliert hat.

Blicke ich zurück und sehe z.B. die Corona-Tiefs – damals war ich noch nicht wirklich aktiv mit Einzelkäufen – habe ich oft gedacht: Das wäre bestimmt eine tolle Chance gewesen. Denn mit dem Wissen von heute weiss man ja, dass es danach wieder richtig hoch gegangen ist an der Börse. Jetzt ist man selber in einer ähnlichen Situation und ist halt doch verunsichert, ob und wann es denn “jemals wieder” hoch gehen wird? Oder ist dieses mal vielleicht alles anders?

Das sind natürlich Fragen, die niemand wirklich beantworten kann. Und man kann man sich immer Schreckens-Szenarien ausmalen in denen es wohl nicht wieder hoch geht. In diesen Szenarien ist es meiner Meinung nach dann aber auch schon egal, ob man an der Börse investiert hat oder nicht.

Die anderen Probleme werden wir aber sicherlich irgendwann lösen. Der Krieg in der Ukraine wird beendet werden und das hoffentlich so schnell wie möglich. Wir werden unsere Energieversorgung auf andere – und vielleicht langfristig sogar bessere – Beine stellen. Die Lieferketten-Probleme werden nachlassen. Die Inflation wird zurück gehen.

Fear & Greed Index – Stand 30. September 2022

Jeder einzelne dieser Punkte kann sicherlich dazu führen, dass sich die Nadel beim Fear & Greed Index mal wieder mehr in Richtung Optimismus bewegt und wir uns aus dem Bärenmarkt hinaus bewegen.

Nur hat leider niemand von uns einen Palantir aus dem Herrn der Ringe, um damit in die Zukunft zu sehen. Vielleicht aber auch zum Glück. Und das heisst man muss die aktuelle Ungewissheit – an der Börse aber leider nicht nur dort – aushalten können. Und auch wenn ich oben von einem gelegentlichen Magengrummeln beim Blick auf die Depotzahlen geschrieben habe, so gelingt es mir zum Glück doch recht gut mit dieser Ungewissheit und den aktuellen Buchverlusten nicht nur zu leben, sondern auch meine Strategie weiter durch zu ziehen.

Das liegt jetzt sicherlich nicht daran, dass ich besonders abgebrüht oder besonders reich wäre. Vielleicht ist es eher eine Mischung aus Logik, die mir sagt, dass dies der richtige Weg ist und für mich auch nach wie vor der einzige klare Weg vorwärts für eine Absicherung im Alter. Zum anderen habe ich vielleicht auch einfach das Glück, dass ich diese Dinge recht gut so nehmen kann wie sie halt gerade sind, ohne das übermässig zu verkopfen. Ein besserer Begriff fällt mir da gerade nicht ein.

Dabei gehöre ich absolut zu dem Typ Anleger, der täglich mehrfach aufs Depot schaut und darauf auch das ganze Tooling ausgelegt hat. Aber es ist für mich zuallererst eine Information und nichts etwas wo ich sofort denke “oh weh, wieder 1,54% ärmer”. Abgerechnet wird – für mich zumindest – in ungefähr 15 Jahren und wenn es sein muss auch noch etwas später.

Eine Chance

Für mich ist Twitter eine gute und wichtige Informationsquelle zum Thema Börse. In meiner Blase ist der Tenor durchaus – und wie immer ist das aber sowas von keiner Handlungsempfehlung – dass so ein Bärenmarkt auch eine Chance sein kann. Das hängt natürlich von der eigenen Strategie ab und sicherlich auch stark vom zeitlichen Anlagehorizont.

Depot – Aktien und ETFs

Mit meinem Depot fühle ich mich nach wie vor wohl, auch wenn einige Positionen schwer im roten Bereich liegen. Das sind Insbesondere Intel und T. Row Price, aber auch einige weitere. Dafür sind andere Unternehmen wie z.B. Coca-Cola bisher völlig unbeeindruckt vom Bärenmarkt-Geschehen und laufen auch YTD weiter nach oben.

Coca-Cola trotzt dem Abwärtstrend

Das zeigt sicherlich einmal mehr wie wichtig es ist ein gut diversifiziertes Portfolio aufzubauen. Wobei “gut” dabei immer relativ ist und man auch sarkastisch anmerken könnte, dass man dann auf jeden Fall auch immer Verlierer im Depot hat :-).

Aber Sarkasmus ist ja bekanntlich die niedrigste Form des Witzes und für mich liefern die Unternehmen in meinem Depot aktuell eine Dividenden-Rendite von 4,33%. Damit bin ich durchaus happy und re-investiere natürlich die Dividenden weiterhin fleissig und tätige meine monatlichen Nachkäufe.

Sind die Dividenden sicher ist die letzte Frage, die ich hier noch stellen möchte? Wahrscheinlich – und bei manchen Unternehmen sogar sicherlich – nicht. Aber auch das wird man bewerten müssen, wenn es soweit ist und mit welcher Begründung Dividenden ggf. gekürzt werden. Auf der anderen Seite hat Starbucks z.B. die Dividende gerade noch um 8,2% erhöht. Wie war das noch mit der Diversifizierung?

Bleibt also im Prinzip nur mein übliches Fazit: ETF-Sparpläne und monatliche Einzelkäufe laufen unverändert weiter, auch wenn ich damit nicht die besten (tiefsten) Kurse erwischen werde. Ich kaufe den Weg runter und irgendwann später wieder den Weg rauf. Verändert sich unsere Welt nicht absolut grundlegend, so sollte das nach meiner Logik langfristig für mich das Richtige sein, auch und insbesondere für die Rente.


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2 Gedanken zu „Depot unter Wasser – Gefühlslage

  1. Pingback: Portfolio Update - September 2022 - AktienTraum

  2. Peter Antworten

    Hallo,

    ich selber habe zwar seit 20Jahren ein depot wo nur eine Aktie die Telekom drin loegt. Ein zweites was jetzt. 10 Prozent minus ist. Ja, viel Mist gemacht. Aber Angst macht es mir nicht komischer weise. Nur bei den 3 4 Sachen was dumm war. Leider ist meine Chance gut nach zu kaufen nicht groß.

    Anmerken möchte ich das Short und aus negativen Entwicklungen nicht funktioniert. Was mich in den Text aufregt. Es mag 0.01 Prozent gelingen. Aber nicht auf dauer. Als ein Argument würde ich einfach sagen sonst würden mehr Fonds nicht negativ entwickeln. Ganz einfach. Die ganzen verspreche funktionieren nicht!! Wie heist der Fond .com MrDAX? 🙂

    Lese noch ein bisschen.

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