Auf Umwegen an die Börse

Mein Weg an die Börse war alles andere als gradlinig und rückblickend wäre ich gerne schon früher dabei gewesen. Aber natürlich ist das für jeden ganz unterschiedlich und jeder muss an dieser Stelle wie immer seine eigenen Schlüsse ziehen. Hier also mein “Werdegang” was das Thema Börse angeht. Spoiler: Und ich bin immer noch absoluter Amateur!

Während meiner Studienzeit und dem darauf folgendem Start ins Arbeitsleben war Börse mal sowas von überhaupt kein Thema für mich. Es war nicht so, dass ich es aus irgendwelchen Gründen abgelehnt hätte, sondern es war in meiner Wahrnehmung schlicht nicht existiert.

Und vielleicht zeigt dies auch schon ein erstes Problem auf. Ich kann mich zwar noch an ein Börsenspiel in der Schule erinnern, aber das wurde überhaupt nicht wirklich begleitet in meiner Erinnerung. Es war eher so ein Spass und ich weiss noch, dass ich es als völliges Glücksspiel aufgefasst habe. Es wurde auch nicht wirklich irgend etwas erklärt dazu, was zu einer differenzierterer Betrachtung hätte führen können.

Geldanlage – Quelle: Statista

Im Freundes- und Bekanntenkreis war das Thema auch nicht existent oder es wurde zumindest nicht darüber gesprochen. Das hat sich erst seit einiger Zeit geändert, seitdem ich auch selber das Thema etwas (ok, mit eigenem Blog) offensiver angehe. Auch bei Arbeitskollegen war Börse nur selten ein Thema. Tatsächlich habe ich die sehr wenigen Menschen, die auf der Arbeit über das Investieren gesprochen haben, dann doch schon eher als Exoten abgetan.

Das alles hat am Ende nicht dazu geführt, dass ich mich mal wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt hätte. Irgendwie war dafür weder der (gedankliche) Raum noch hat mich das Thema wirklich interessiert. Vorhandenes Geld lag auf dem Tagesgeldkonto und dank guten Jobs in der IT-Branche gab es auch keine Geldsorgen. Dazu gehört auch, dass private Vorsorge fürs Alter damals komplett nicht in meinem Fokus war.

Finanzkrise 2008 – Auf einmal Börse

Puh, 2008 war ich knapp 40 Jahre alt und ich kann mich noch ganz gut an unsere Gedanken erinnern mit denen wir damals – sehr spontan und sehr planlos – an der Börse gestartet sind.

Ich weiss heute nicht mehr genau wie es dazu kam, aber auf einmal war da der Gedanke, dass alle anderen (wer immer das sein sollte) Geld an der Börse verdienen. Also musste doch jetzt in der Finanzkrise ein perfekter Moment sein an der Börse einzusteigen. Die Summe X investieren, dann liegen lassen (so hatten wir das damals gehört) und 10 Jahre später die Früchte ernten! Money for nothing! Das war der – rückblickend sehr naive – Gedanke.

Wir hatten uns Null mit dem Thema Börse beschäftigt und haben Unternehmen nach persönlichen Aspekten und einigen – recht schnellen – Überlegungen heraus gepickt. Heraus kam fast 100% Homebias und einige “echte Perlen”:

  • Commerzbank,
  • Nokia,
  • RWE und
  • Daimler.

So sah unser Portfolio aus. Dazu kam noch ein kleiner Anteil an so eine hochspekulative Pleitebank, die dann auch tatsächlich wenig später pleite ging. Man bekommt dann übrigens ein nettes kurzes Schreiben, dass die Aktien aus dem Depot ohne Gegenwert ausgebucht werden.

Die Commerzbank, RWE und Nokia haben wir zu ziemlichen Höchstständen erwischt. Lediglich Daimler war rückblickend ein Glücksgriff, der Schlimmeres verhindert hat. Wir hatten zum Glück mehr Anteile an RWE und Daimler als an Nokia und der Commerzbank erworben. Die Commerzbank war dabei wirklich ein totales Debakel!

Wir haben das Drama dann noch eine zeitlang verfolgt während es mit den Kursen – und somit auch mit unserem investierten Kapital – bergab ging. So haben wir da also einen gedanklichen Haken dran gemacht und uns das Ganze tatsächlich ca. 10 Jahre nicht mehr angeschaut.

Dabei hat allerdings das Gefühl dominiert, dass das eine Vollkatastrophe ist, und Börse einfach nicht das Richtige für uns ist. Vielleicht ist das ja doch alles wahlweise Casino oder Teufelszeug!

Negativzinsen vs. ETFs

Es muss so gegen 2018 gewesen sein, als so langsam der Gedanke aufkam: Irgendwie verbrennt man sein Kapital gerade schon so ein wenig mit (nahezu) Nullzinsen auf dem Tagesgeldkonto.

Entwicklung des Kapitalmarktzins in Deutschland – Quelle: Statista

Da wir keine ernsthaften Alternativen gesehen haben, ging der Blick also wieder in Richtung Börse. Diesmal allerdings mit deutlich mehr Recherche und weniger blauäugig als bei unserem ersten Versuch an der Börse.

Heraus kamen zwei Sparpläne auf leicht unterschiedliche MSCI World ETFs. Und auch wenn wir hier – trotz aller Recherche – noch nicht so recht den Unterschied zwischen thesaurierend und ausschüttend bzw. den verschiedenen Replikationsmethoden auf dem Schirm hatten, so hatten wir doch einen ganz guten Moment für den Start der Sparpläne erwischt.

Schwer zu sagen, ob wir durchgezogen hätten, hätten wir als erstes Jahr direkt ein Jahr wie später 2022 erwischt. Damals gab es auch noch keine Kontakte – z. B. über Twitter – zu Anlegern mit mehr Erfahrung. Vielleicht haben wir also einfach auch ein wenig Glück gehabt, aber auch das gehört im Leben immer mal wieder dazu.

Dividenden – Wie jetzt?

Jetzt wird es richtig peinlich, also bitte ich jetzt schonmal um ein wenig Nachsicht. Wir erinnern uns: Es liegen immer noch unter anderem RWE– und Daimler-Aktien in unserem Depot. Da wir für die ETF-Sparpläne aus verschiedenen Gründen neue Depots eröffnet hatten, haben wir also immer noch nicht wieder hierauf geschaut. Das Thema hatten wir echt abgeschrieben.

Es muss dann irgendwann Ende 2019 gewesen sein wo wir so locker ein wenig mit unseren lieben Vermietern in der Küche geschnackt haben. Es ging um die Aktie der Telekom, die ja doch immer ganz gut Dividende abwerfen würde. Divi-was?

Lange Rede kurzer Sinn: So kann man sich auch selber angenehm überraschen, denn ein Blick aufs Verrechnungskonto unseren Aktien-Depots zeigte einen unerwarteten Stand. Denn zumindest RWE und Daimler hatten über die Jahre immer mal wieder fleissig Dividenden ausgeschüttet, die sich – von uns völlig unbemerkt – auf dem Verrechnungskonto eingefunden hatten.

Wir hatten echt keine Ahnung, dass es sowas wie Dividenden überhaupt gibt. Wie oben gesagt, es wird peinlich!

Der Rest ist quasi Geschichte. Wir hatten schon länger nach einer weiteren Möglichkeit der Altersvorsorge gesucht. Produkte wie die Riester-Rente haben uns dabei recht verstört – und mit dem Gefühl hier irgendwie abgezockt zu werden – zurück gelassen. Mangels Alternativen hatten wir bevor Börse ein Thema wurde hier trotzdem Verträge abgeschlossen.

So habe ich mich dann also tiefer und tiefer in das Thema hineingegraben. Zunächst über YouTube-Kanäle und Blogs und später dann – als absoluter Glücksgriff – über die #Fintwit-Community auf Twitter.

Depot – Stand Ende Mai 2023

Als Resultat haben wir den größeren Teil unseres Kapitals vom Tagesgeldkonto ins Depot umgeschichtet und besparen dieses mittlerweile auch zum überwiegenden Teil. Auch auf diesem Weg gab – und gibt es immer noch – genug Irrungen und Wirrungen. Insbesondere musste ich auch hier erstmal meinen starken Hang zum Homebias abbauen.

Aber alles in allem fühlt sich der Schwenk zur Börse für uns absolut richtig an und wir haben hier unsere Strategie mit einem Mix aus Dividendenaktien uns ETFs gefunden.

Fazit

Rückblickend hätte ich durchaus gerne früher gewusst, was ich heute zum Thema Börse & Finanzen weiss. Hier gibt es einfach ein Defizit bei der (Schul-)Bildung und es war für mich einer der Hauptgründe diesen Blog zu starten. Es gibt auf dieser Seite keine super Aktien-Tips, aber Erfahrungsberichte wie diesen, damit der Eine oder Andere vielleicht eine fundiertere Entscheidung treffen kann.

Das größte Problem für mich war im Prinzip nicht zu wenig über das Thema Börse zu wissen, sondern dass es über lange Zeit ein absolut blinder Fleck für mich war. Ok, bei unseren ersten Börsenversuchen hätte mehr Wissen auch nicht schaden können, aber das hätte man sich sicherlich aneignen können. Das war damals halt ein wenig sehr hemdsärmelig!

Ist Börse jetzt für jeden ein Muss? Ganz sicherlich nicht, aber ich denke schon jeder sollte sich mit dem Thema beschäftigen und dann eine bewusste Entscheidung treffen. Aber das war ja schon das Credo von so einigen Artikeln hier auf dem Blog.

Trefft gute Entscheidungen ;-)!


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2 Gedanken zu „Auf Umwegen an die Börse

  1. Patrick Antworten

    Hallo,

    ich finde es immer wieder spannend zu lesen wie andere an die Börse kamen. Bei mir war es ähnlich. Ich wusste zwar was Aktien sind, und sparte sogar seit Jahren meine vermögenswirksamen Leistungen in einem Fond, jedoch kam mir nie in den Sinn massiv in Aktien zu investieren.

    November 2018 klagte ich auf einer Party das es so schwer sei sein Geld anzulegen und zumindest bisschen Rendite zu bekommen. Ein Freund sagte dann ich soll doch ETFs kaufen. Meine erste Frage war – was ist das? Rückblickend kann ich darüber schmunzeln, habe ich doch inzwischen ein stattliches Depot mit vielen Dividendenzahlern aufgebaut, das mir schon mehrere Tausend Euro im Jahr einbringt. Wenn es so weiter geht mache ich mir um meine Rente keine Sorgen.

    • AktienTraum Autor des Beitrags

      Hallo Patrick,
      ich denke mittlerweile auch Aktien + ETFs sind ein guter Weg, um fürs Alter vorzusorgen. Da hat jeder so seinen (Um-)Weg habe ich das Gefühl :-).
      Klingt auf jeden Fall so, als würde es bei Dir richtig gut laufen, das freut mich für Dich.
      Viele Grüße
      – Thomas

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