Alphabet KI – Vor und nach ChatGPT

Die Aktie von Alphabet (dem Konzern hinter Google) hat im Februar kräftig Federn gelassen nachdem der KI-Chatbot von Google – ausgerechnet in einer Anzeige – eine falsche Antwort zum James-Webb-Teleskop gegeben hat. Aber sicherlich hat Google im Bereich KI mehr zu bieten, als man nach diesem Fauxpas denken könnte.

OpenAI – und damit auch Microsoft – hat mit ChatGPT im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) ordentlich vorgelegt und natürlich auch einen Wettlauf gestartet.

So hat ChatGPT innerhalb von nur 5 Tagen die magische Grenze zu einer Million Nutzer geknackt. In den BBC News wird der Chatbot schon als Google-Killer bezeichnet.

ChatGPT – Der am schnellsten wachsende Dienst

Der Guardian weiss zu berichten, dass ChatGPT nach nur zwei Monaten bereits die Marke von 100 Millionen Benutzern geknackt hat.

Jetzt kann man einen Chatbot wie ChatGPT nur bedingt mit einer Suchmaschine wie Google vergleichen. Das hält aber natürlich niemanden davon ab, dies trotzdem zu tun. So bringt der aktuelle Hype Google auch ein Stück weit in Zugzwang.

ChatGPT reaches 100 million users two months after launch – The Guardian

‘Google killer’ ChatGPT sparks AI chatbot race – BBC News

The Brilliance and Weirdness of ChatGPT – The New York Times

Schlagzeilen zu ChatGPT

Es ist dabei schon irgendwie witzig, dass Google für eine falsche Antwort so abgestraft wird. Denn bei aller Faszination für ChatGPT – die ich persönlich absolut teile – trifft es die New York Times schon recht gut mit der Aussage, dass hier Grossartigkeit aber auch Verrücktheit nahe beieinander liegen.

Auch zu diesem Thema gibt es alternativ – oder vielleicht auch als Ergänzung – ein passendes YouTube-Video.

Trotzdem “kostet” eine falsche Antwort von Bard – das ist der Name der Google KI – Alphabet am Ende ungefähr 100 Milliarden Dollar an Börsenwert. Wobei jeder der an der Börse unterwegs ist weiß, dass auch größere Schwankungen durchaus normal sind und Börsenwert genauso schnell – ok nicht ganz – wieder entsteht, wie dieser “verpufft”.

Rückblick – Alphabet Aktienkurs im Februar 2023

Bevor wir aber einen Blick auf die Entwicklung der neuen Google KI werfen, müssen wir zunächst eine kleine Zeitreise unternehmen.

AlphaGo – Eine Sensation im Stillen

Genau wie heutzutage Microsoft mit OpenAI übernimmt Google bereits im Jahr 2014 für – aus heutiger Sicht vermutlich günstige – 500 Millionen Dollar den KI-Spezialisten DeepMind.

Im Jahr 2016 gelingt DeepMind mit dem Programm AlphaGo eine kleine Sensation. Dabei handelt es sich um eine auf das Go-Spiel spezialisierte KI und ist somit für die breite Masse natürlich bei Weitem nicht so spektakulär wie heutzutage ChatGPT.

Aber das Go-Spiel galt zum damaligen Zeitpunkt als sehr viel komplexer als Schach in der Umsetzung auf einem Computer. Selbst ein Sieg gegen einen starken Amateur schien noch in weiter Ferne. Ganz zu schweigen davon – wie es damals bereits im Schach der Fall war – gegen die besten Profispieler gewinnen zu können.

AlphaGo – The Movie ist eine fantastische Dokumentation, die ich wirklich jedem ans Herz legen kann. Kentnisse über das Go-Spiel sind dabei ebenso wenig notwendig wie vertieftes Wissen über künstliche Intelligenz.

Menschen wollen nicht nur das GO-Spiel verstehen. Sie wollen verstehen was Verstehen ist. – frei übersetzt aus AlphaGo – The Movie

Der deutliche Sieg in einem Turnier über 5 Partien gegen den damals vermutlich stärksten Spieler der Welt hat im asiatischen Raum, wo das Go-Spiel viel mehr ist als nur ein Spiel, für viel Aufsehen und teilweise auch Entsetzen gesorgt.

Danach wurde AlphaGo immer weiter optimiert und wurde später zu AlphaZero. Diese KI gewinnt heute mit Leichtigkeit komplexe Brettspiele wie Go oder Schach. Dabei muss der Algorithmus nur die Regeln des Spiels kennen und trainiert sich dann durch Spiele gegen sich selbst.

Hier sieht man also, dass Google schon früh auf den KI-Zug aufgesprungen ist und mit DeepMind hier auch durchaus spektakuläre Erfolge zu verbuchen hat, wenn halt auch etwas Abseits der breiten Masse.

LaMDA – Google’s ChatGPT

Seit 2017 arbeitet Google bereits an einer eigenen KI, welche – genau wie ChatGPT – auch menschliche Dialoge ausgerichtet ist. Das Kernstück ist LaMDA (Language Model for Dialogue Applications) was auch die Basis für den Google Chatbot Bard ist.

Zu LaMDA gibt es eine spannende Geschichte, dass einer der Google-Ingenieure – nach ausführlichen Tests – zu dem Schluss gekommen ist, dass die Google-KI ein Bewusstsein entwickelt hat und entsprechend geschützt werden müsste. Das wird noch spannend!

Meiner persönliche Einschätzung nach steht mit Bard – trotz des Fehlers, aber die macht ChatGPT auch – ein zweiter sehr spannender Chatbot in den Startlöchern. Dieser wird uns sicherlich genauso überraschen und faszinieren, wie dies ChatGPT heute schon tut.

Es wäre daher in meinen Augen ein Fehler Google an dieser Stelle abzuschreiben. Tatsächlich wäre es mehr als verwunderlich, wenn nicht auch die anderen Großen, wie Apple, Amazon oder Facebook, hier schon mehr oder weniger ausgereifte Systeme in der Hinterhand hätten.

Bevor wir auf die Frage der Monetarisierung schauen und ob es nur vorteilhaft ist, hier als erster aus der Deckung zu kommen, machen wir noch einen kleinen Ausflug in die Welt der KI.

Ein Ausflug – Der Turing Test

Schon 1950 hat Alan Turing den sog. Turing Test ersonnen. Dabei geht es um die Frage, ob ein Computer einen Menschen so gut imitieren kann, dass ein Mensch den Unterschied nicht mehr bemerkt. Daher heisst dieser Test auch Imitation Game.

Turing Test – Mensch oder Maschine?

Ein Mensch stellt über ein Computer-Interface Fragen an zwei Gesprächspartner. Einer davon ist ein Mensch und der andere ein Computerprogramm. Kann der Fragesteller am Ende nicht sagen, welcher Gesprächspartner der Computer ist, so hat dieses Programm den Turing Test bestanden.

ChatGPT und LaMDA haben beide eine Form des Turing Tests bestanden und ich denke wer ChatGPT nutzt kann sich dies auch durchaus vorstellen. Es zeigt aber auch wieder, dass die Google KI hier sehr wahrscheinlich ebenbürtig sein wird.

Eine Frage des Geldes

Zum Abschluss kommt die spannende Frage nach der Monetarisierung. Diese ist bei einem Chatbot deutlich schwieriger als bei einer herkömmlichen Suchmaschine.

Microsoft setzt daher auf einen Plus-Account, der 20 Dollar pro Monat kostet. Verglichen mit anderen Abo-Modellen durchaus ein stolzer Preis, den ich bei aller Begeisterung persönlich auch aktuell nicht bereit bin zu zahlen.

ChatGPT Plus

Aber Microsoft nutzt ChatGPT auch um eigene Dienste aufzuwerten. So läuft eine Integration in die Microsoft-Suche Bing, aber auch in andere Dienste. Das kann aktuell in meinen Augen durchaus ein competitive advantage sein.

Google hat nun auf der anderen Seite die Möglichkeit sich sehr genau anzuschauen, was Microsoft hier so tut. So lassen sich vorab Erfahrungen sammeln, was beim Wettbewerb gut und was weniger gut funktioniert.

Dabei soll Google Bard – fast schon logischerweise – auch Zugriff auf aktuelle Informationen aus dem Internet haben. ChatGPT ist bisher noch auf einen Informationsstand aus dem Jahr 2021 beschränkt.

Es wird auf jeden Fall sehr spannend werden, sobald Bard auch öffentlich zugänglich sein wird. Werden wir in Zukunft unsere Suchanfragen nur noch in natürlicher Sprache formulieren (Star Trek lässt grüssen)? Oder werden Chatbot und Internet-Suche zwei verschiedene – entsprechend spezialisierte – Anwendungen bleiben?

So oder so wird das denke ich eins der spannendsten Tech-Themen der nächsten Jahre sein. Die Unternehmen, die sich hier durchsetzen, werden sicherlich auch Wege finden, damit entsprechend viel Geld zu verdienen.

Und so wird es dann – neben aller technischen Begeisterung – auch wieder spannend für uns Aktionäre :-).


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