Elektroautos – Von Nerdig zum Mainstream

Die Vorfreude auf mein erstes Elektroauto steigt und im April soll es – nach knapp 1,5 Jahren Lieferzeit – dann vielleicht wirklich soweit sein. Im Jahre 2023 ist man mit einem Elektroauto denke ich nicht mehr wirklich ein Early Adopter, aber es ist schon immer noch “so ein wenig nerdig”. Das kann man einfach nicht weg-diskutieren!

Wer sich heute ein Elektroauto anschafft, muss sich immer noch intensiv mit der Materie auseinandersetzen. Einige Dinge sind einfach anders und deswegen ungewohnt, aber teilweise auch schlicht noch komplizierter als bei einem Verbrenner.

Je näher der Auslieferungstermin rückt, desto intensiver beschäftige auch ich mich mit dem Thema Laden und damit natürlich auch der Ladeplanung. Können wir mit dem Auto unseren Urlaub in Schottland machen, oder könnte es da Probleme geben? Wie sieht es aus wenn ich mit dem Boot unterwegs bin? Ich werde dann wohl zum Laden jedesmal abkoppeln müssen, da man ja Ladesäulen wie einen Parkplatz anfährt und nicht wie bei einer Tankstelle durchfahren kann.

Auch wird bei Elektroautos viel mehr Augenmerk auf die Software gelegt. Das hat sicherlich mit der aktuellen Zielgruppe zu tun, aber es hat auch ganz praktische Gründe. Denn ein Elektroauto muss eine möglichst perfekte Routenplanung bieten und die Ladestopps optimal einplanen. Insbesondere die ID-Modelle von Volkswagen hatten hier mit einem früheren Softwarestand noch einige Defizite. Aber man merkt schon: Aktuell gibt es beim Elektroauto Themen, über die sich kein Verbrenner-Fahrer auch nur eine Sekunde lang einen Kopf machen würde.

Natürlich war mir das bei der Bestellung schon klar und ich habe das bewusst in Kauf genommen. Zum einen bin ich ja exakt in der leicht nerdig angehauchten Zielgruppe, aber ich sehe einfach auch eine ganze Reihe von Vorteilen bei einem Elektroauto.

Schauen wir uns doch einfach mal so ein paar Punkte und Überlegungen zusammen an. Später, wenn das Elektroauto da ist, kann ich das dann noch mit der Realität (hoffentlich nicht dem Realitäts-Schock) abgleichen.

Reichweite & Laden

Reichweite und Laden sind sicherlich die heissesten Themen bei der ganzen Elektromobilität. Und es sind auch die Themen bei denen einem im Internet, aber auch im Freundes- und Familienkreis, die meiste Skepsis entgegenschlägt. Und das kann ich auch durchaus verstehen.

Im Sommer werde ich mit dem Elektroauto eine realistische Reichweite von ca. 385 Kilometern haben. Im Winter wird diese vermutlich auf knapp 300 Kilometer absinken. Allein diese Unterscheidung zwischen den Jahreszeiten ist für einen “normalen Nutzer” vermutlich oft schon ein Ärgernis oder sogar ein No-Go. Im Hängerbetrieb rechne ich dann noch mit einer Reichweite von 220 bis 250 Kilometern.

Das alles bei einer moderaten Geschwindigkeit von 120 km/h (mit Hänger 90 km/h). Das wird für mich auch eine Umstellung, denn ich fahre heute mit meinem Diesel auch gerne zügiger und habe eine Reichweite von ca. 800 Kilometern.

Die heimische Wallbox ist denke ich ein wichtiges und schwieriges Thema an der Stelle. Tatsächlich ist es aktuell für mich ein zentraler Punkt beim Thema Elektromobilität und wir konnten glücklicherweise auch zur Miete eine Wallbox montieren. Ohne heimische Wallbox ist man auf einen Schnelllader in der Nähe des Wohnorts angewiesen. Das ist auf jeden Fall deutlich unpraktischer und sicherlich ein Hemmschuh bei dem Umstieg auf ein Elektrofahrzeug.

Jetzt sind die meisten Strecken die wir fahren in einem Radius von 100 Kilometern. Das passt mit der Arbeit und schliesst die meisten Freunde mit ein. Da wir das Glück einer heimischen Wallbox haben, ist hier die Reichweite kein Thema. Im Gegenteil muss ich nicht mehr zwischendurch zur Tankstelle fahren.

Dann gibt es noch Freunde und Familie, die zwischen 200 und 450 Kilometer weit weg wohnen. Das sind ein paar Fahrten im Jahr, die dann entsprechend länger dauern werden. Da kann ich für mich auch nichts mit “ohnehin nötigen Pausen” beschönigen, denn ausser einer Blitz-Pinkelpause fahre ich bisher alle Strecken immer durch. Das wird also in Zukunft länger dauern!

Die Fahrten mit dem Boot werden denke ich ein kleines Abenteuer und da habe ich auch durchaus ein wenig Bammel vor. Das sage ich ganz offen. Da es aber Urlaub ist sehe ich den Zeitaspekt hier nicht so kritisch, auch wenn pro Fahrt sicherlich 1,5 Stunden dazu kommen werden und ggf. der Nerv abkoppeln zu müssen. Passiert allerdings auch nur so 2-3 Mal im Jahr.

Alles in allem kommt es hier also stark auf das eigene Fahrprofil an, sowie die Möglichkeit zuhause oder in der Nähe laden zu können. Für uns liegen ca. 85% der Fahrten in diesem – nennen wir es mal – Komfortbereich. Fahren und zuhause laden ist natürlich das Optimum. Dafür werden die restlichen 15% der Fahrten länger dauern und ggf. auch ein Stück weit aufwändiger.

Ladekarten- und Ladesäulen-Vielfalt

Beim Thema Laden unterwegs gibt es aber noch einen zweiten Aspekt. Und das ist die Vielfalt – man könnte es auch Chaos nennen – bei den möglichen Ladesäulen und den sogenannten Ladeverbünden.

Jetzt gibt es ja auch eine Vielzahl verschiedener Tankstellenbetreiber. Aber an der Tankstelle funktioniert das Tanken immer gleich und am Ende bezahlt man in bar, mit der EC-Karte oder hat eine spezielle Tankkarte. Aber bar oder EC-Karte funktionieren hier einfach immer.

Das ist bei Ladesäulen noch nicht der Fall! Hier benötigt man idealerweise mehrere Ladekarten, um in Deutschland und Europa auf der sicheren Seite zu sein. Wieder ein Punkt, der aktuell bei Elektroautos einfach noch komplizierter ist, als bei einem Verbrenner. Es gibt hier allerdings Bestrebungen eine Bezahlmöglichkeit mit üblichen EC-/Kreditkarten zu ermöglichen. Aber die Mühlen malen wie üblich ein wenig langsam.

Wie man an verschiedenen Ladesäulen laden kann ist jetzt sicherlich kein Hexenwerk, aber es gibt eben Unterschiede, die man kennen muss. Damit muss man sich beim Umstieg beschäftigen und es gibt mittlerweile eine ganze Armada an YouTube-Kanälen, die sich diesen Themen widmen. Ist man gewillt die Zeit zu investieren, kann man sich hier also sehr gut vorab schlau machen.

Trotzdem ist auch das aktuell sicherlich eher etwas was Menschen bei der Elektromobilität abschreckt, aber wir stecken halt auch noch ein Stück weit in den Kinderschuhen.

Umweltfreundlichkeit

Das Thema Umweltfreundlichkeit ist immer wieder spannend und wird – streckenweise mit gesundem Halbwissen – sehr vehement diskutiert.

Ich habe kurz überlegt hier Berichte zu verlinken, aber es wirkt denke ich immer ein wenig voreingenommen. Denn man findet natürlich recht unterschiedliche Berichte. Hier kann am Besten jeder selber mal ein wenig recherchieren. Bei dem was ich so gelesen habe, hat das Elektroauto am Ende – mal mehr mal weniger – besser abgeschnitten als ein Verbrenner.

Aus meiner Sicht gibt es hier noch zwei große Verbesserungspotentiale beim Elektroauto:

  1. Die Herstellung und die benötigten Materialien für die Batterien. Hier bin ich mir sicher, dass es in Zukunft technologische Sprünge geben wird. Hier haben die Hersteller einfach großes Einsparpotential und können auch an Prestige gewinnen. So forschen z.B. jetzt schon viele großen Unternehmen in Richtung Feststoffbatterie.
  2. Der Energiemix mit dem geladen wird. Mit seinem heimischen Stromtarif hat mir ein Stück weit Einfluss, aber es ist natürlich auch eine Frage des Preises für verschiedene Tarife. Das ist auch definitiv ein Thema mit Explosionsgefahr und die Gräben sind hier tief!

Beim Strommix kann man sicherlich mittel- und langfristig den Teil an erneuerbaren Energien erhöhen. Wo da die Limits sind und wo der restliche Strom herkommt müssen sich Menschen überlegen, die sich mit sowas auskennen. Und als unverbesserlicher Optimist denke ich, dass das auch passieren wird, aller politischen Querelen zum Trotz.

Fazit

Es gibt natürlich noch eine Menge weiterer Themen, z. B. die finanzielle Förderung der Elektromobilität, die natürlich auch wieder unterschiedlich bewertet wird. Wobei es sowas in anderen Formen auch früher schon gab und nicht zwingend nur etwas mit der Elektromobilität zu tun hat.

Auch die Frage wo der Strom für die ganzen Elektrofahrzeuge herkommen soll, wird immer wieder gerne – auch provokant – gestellt. Aber genauso wie wir an der Börse davon ausgehen, dass die Welt auch diesmal nicht untergehen wird, denke ich dasselbe gilt auch in Bezug auf die Einführung der E-Mobilität.

Daher möchte ich jetzt lieber noch dazu kommen warum ich mich eigentlich, trotz aller oben aufgelisteten Punkte, so sehr darauf freue demnächst elektrisch zu fahren.

Es wird ein lautloses dahin surren sein. Auch wenn ich mir gerne JP Performance mit getunten Autos und coolem Sound anschaue, so freue ich mich für den Alltag auf diese neue leise Form der Fortbewegung. Und als jemand der durchaus autobegeistert ist, freue ich mich natürlich auch auf die Beschleunigung, die es so nur bei Elektroautos gibt. Nein, es wird auch nicht annähernd ein Tesla Model S Plaid bei mir. Aber auch deutlich kleinere Modelle bringen hier schon richtig lautlosen Fahrspass und daran kann ich nichts Schlechtes sehen.

Es ist sauber und darauf freue ich mich wirklich wie Bolle! Kein Spritgeruch an der Tankstelle oder auch im Auto. Keine Notwendigkeit mit Öl zu hantieren oder beim Tanken danach den leichten Dieselgeruch an der Hand zu haben. Denn dem Einmal-Plastikhandschuhen verweigere ich mich! Das klingt jetzt vielleicht echt ein wenig merkwürdig, aber ich freue mich da wirklich extrem drauf. Vor allen Dingen als jemand, der streckenweise auch schon echt viel fahren musste mit entsprechend vielen Tankstellenbesuchen. Einfach den Stromstecker anschliessen und geruchlos nachtanken.

Der Nerd-Faktor ist natürlich auch absolut meins. Mir macht es Spass mich mit dem ganzen Thema zu beschäftigen, mit Ladekurven und den verschiedenen Software-Versionen bzw. deren Verbesserungen. Mit Autos, die so ein ganz klein wenig Science Fiction mit sich bringen und am Ende – so denke ich – unsere Mobilität zum Besseren verändern werden. Und ob wir es sinnvoll schaffen können, durch Schottland zu stromern.

Und ich glaube auch daran, dass dabei alle mitgenommen werden können. Denn bis zum Verbrenner-Verbot im Jahr 2035 ist es noch eine ganz schön lange Zeit. Es wird noch Verbrenner geben und es werden immer mehr gebrauchte – und damit günstigere – Elektroautos auf den Markt kommen.

Die Ladeinfrastruktur wird immer besser werden. Im Jahr 2035 werden wir ein Elektroauto genauso in 5 Minuten an einer Tankstelle aufladen können wie heute einen Verbrenner. Hier gibt es denke ich einen gesunden Wettbewerb der Automobilkonzerne, der uns genau dahin führen wird. Und mit Fortschritten bei den Batterien könnten Elektroautos am Ende sogar günstiger werden als vergleichbare heutige Verbrenner.

Natürlich bin ich mir bewusst, dass meine optimistische Sichtweise nicht alle teilen werden. Aber vielleicht kann ein wenig Optimismus ja manchmal auch nicht schaden und wir werden am Ende doch positiv überrascht. Das wäre doch auch mal wieder an der Zeit!


Haftungsausschluss: Bei AktienTraum handelt es sich um eine rein private Seite zu Unterhaltungszwecken. Alle Informationen auf dieser Seite wurden sorgfältig recherchiert. Trotzdem kann für die Korrektheit keine Garantie übernommen werden. Insbesondere stellen Artikel nie eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder anderen Asset-Klassen da. Handeln an der Börse birgt das Risiko des Totalverlusts.

Ein Gedanke zu „Elektroautos – Von Nerdig zum Mainstream

  1. Queen All Antworten

    Das Thema Sicherheit ist auch nicht zu vergessen. So ein Elektroauto muss im Falle eines Unfalles ja ganz anders angegangen werden. Da müssen Rettungskräfte entsprechend geschult sein. Und wenn so eine Batterie mal brennt, kann man die nicht so einfach löschen, wie einen Verbrenner. Da wird es sicher auch noch die eine oder andere Innovation geben. Und wenn ich das gerade richtig im Kopf habe (so völlig unrecherchiert), kann man sich so eine Art “Rettungskarte” hinter die Sonnenblende klemmen mit Infos über das Auto. Da schauen die Rettungskräfte wohl zuerst und wissen dann, wo sie nicht reinschneiden dürfen. Aber wie gesagt, das ist Hören-Sagen und da müsste man sich mal schlau machen – was du ja gerade tust.
    Viel Spaß mit deinem neuen fahrbaren Untersatz!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert